Wie kommt es zu Schluckstörungen?
Schlucken ist eine Sache, die der Körper ganz automatisch ablaufen lässt – täglich bis zu 2.000 Mal. Das Schlucken läuft meist unbewusst ab und wird gar nicht wahrgenommen, obwohl es sich dabei um einen sehr komplexen Vorgang handelt. Dieser läuft in vier exakt aufeinander abgestimmten Phasen ab: Zuerst wird die Nahrung zerkleinert und langsam in den Rachen transportiert. Die Zunge löst dann den Schluckreflex aus. Bevor der Speisebrei durch den Rachen transportiert wird, schließt der Kehldeckel die Luftröhre. Durch diesen Verschlussmechanismus gelangt die Nahrung in die Speiseröhre für den weiteren Transport, und ein Fehlleiten von Speisestücken oder Flüssigkeit in die Luftröhre wird verhindert.
Schlucken wird im Gehirn koordiniert. Am Schluckvorgang sind bis zu 25 Muskelpaare beteiligt – eine schwierige und störanfällige Angelegenheit. Grundsätzlich kann jede Bewegungseinschränkung, z. B. der Lippen, der Zunge, des Kiefers, des Gaumensegels oder der Rachen- und Kehlkopfmuskeln Beschwerden beim Kauen und Schlucken verursachen. Häufig ist bei einer Dysphagie die Steuerung durch die Nerven gestört, z. B. nach einem Schlaganfall, infolge einer degenerativen Erkrankung, durch Traumen oder Tumoren in entsprechenden Hirnarealen. Experten sprechen von einer neurogenen Dysphagie. Seltener sind Entzündungen, Traumen oder Tumoren im Bereich der Schluckorgane (Mund bis Speiseröhre) für die Schluckstörung verantwortlich. Manchmal können auch seelisch bedingte Störungen Ursache der Schluckbeschwerden sein.
Nimmt eine Dysphagie (Schluckstörung) im Alter zu?
Jeder fünfte über 55-jährige hat mit Schluckstörungen zu tun. Und das Risiko steigt mit dem Alter: Etwa vier von zehn älteren Menschen ab etwa 70 Jahren sind von Schluckbeschwerden betroffen. Schluckstörungen gehen häufig auf physiologische Veränderungen im Körper zurück:
- Mit zunehmendem Alter lässt die Muskelkraft meist nach. Das betrifft auch die Muskeln in Mund, Rachen und Speiseröhre, die am Schluckvorgang beteiligt sind. Bei eingeschränkten oder unkoordinierten Muskelbewegungen wird die Nahrung nicht mehr so effektiv transportiert.
- Der Verlust von natürlichen Zähnen kann die Kau- und Schluckfunktion wesentlich beeinträchtigen. Wenn Zähne fehlen oder Prothesen nicht richtig sitzen, sind Kauen und Zerkleinern der Nahrung erschwert. Zudem kann der Zahnersatz den Geschmackssinn und die Sensorik im Mund verändern.
- Speichel spielt eine wichtige Rolle beim Schlucken, da er die Nahrung befeuchtet und das Gleiten erleichtert. Nimmt die Speichelproduktion altersbedingt ab und ruft Mundtrockenheit hervor, lässt sich die Nahrung schwerer schlucken.
- Die orale Sensorik kann sich ebenfalls verändern. Nimmt die Geschmacksempfindlichkeit ab, empfinden ältere Menschen weniger Freude und Genuss beim Essen. Die sensorische Wahrnehmung im Mund spielt jedoch bei der Initiierung des Schluckvorgangs und der Koordination der Muskeln eine wichtige Rolle.
Treten Schluckstörungen (Dysphagie) als Begleiterscheinung verschiedener Erkrankungen auf?
Die Dysphagie stellt kein eigenständiges Krankheitsbild dar, vielmehr entwickelt sie sich als Begleitsymptom oder Folgeerscheinung bestimmter Erkrankungen. Betroffen sind sehr häufig ältere Menschen, die einen Schlaganfall erlitten haben, unter bestimmten Krebserkrankungen oder neuro-degenerativen Erkrankungen wie Morbus Parkinson, Demenz, ALS oder seltener unter Multipler Sklerose leiden. Zudem treten Schluckstörungen auch bei jedem vierten Menschen über 70 Jahre mit alterstypischen Erkrankungen wie z.B. Stoffwechselstörungen und Bluthochdruck auf.
Jeder Zweite, der einen Schlaganfall erlitten hat, muss zu Beginn mit Schluckstörungen rechnen. Im weiteren Verlauf ist noch jeder vierte Schlaganfallpatient davon betroffen. Ganz typisch für Schluckbeschwerden ist auch die Erkrankung Morbus Parkinson: Jeder zweite Parkinson-Patient hat damit zu tun. Es gibt noch weitere Erkrankungen, die zu einer Dysphagie führen können. Die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine Erkrankung, bei der etwa die Hälfte der Patienten schwer oder gar nicht schlucken können. Bei einem Schädel-Hirn-Trauma sind in der Frühphase mehr als 50% der Patienten davon betroffen. Jeder vierte Hirn-Tumorpatient muss mit Schluckstörungen rechnen. Mehr als 15 Prozent der Querschnittsgelähmten leiden auch unter Dysphagie. Beinahe jeder zweite Patient (45 %) mit einer Demenz ist ebenso betroffen. Eher selten treten Schluckbeschwerden bei multipler Sklerose (MS) auf.
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